Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl

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Oberbürgermeister
Dr. Kurt Gribl

Rede zur Trauerfeier für den Ehrenbürger Mieczysław Pemper
in der Augsburger Synagoge
14. Juli 2011


Sehr verehrter Herr Dr. Brandt,
liebe Familie Pemper,
sehr geehrte Trauergemeinde,

Mieczysław Pemper war ein Mann des Wortes – und der Tat.
Unter dem Titel „Der rettende Weg“ erschien vor wenigen Jahren seine
Lebensgeschichte von der Jugend in Krakau bis zur Entstehung von Schindlers
Liste im KZ Płaszów. Im Mittelpunkt des Buches steht die 540-tägige, physisch
und psychisch unvorstellbar belastende Geschichte seines Überlebens.
Gemeinsam mit Oskar Schindler, dem Mieczysław Pemper bis zu dessen Tod
1974 in tiefer Dankbarkeit verbunden blieb, ist ihm das Wunder, rund 1000
Menschen vor dem sicheren Tod in den Vernichtungslagern zu bewahren unter
Einsatz seines Lebens gelungen – „gegen jede Hoffnung“, wie Mieczysław
Pemper im Schlusskapitel seines Buches schrieb.

Das Jahr 1993 markierte einen tiefen Schnitt in Mieczysław Pempers Leben. Steven
Spielberg gewann ihn als Berater für sein Filmprojekt „Schindlers Liste“. Durch
den Film wurde Mieczysław Pemper erst zu einer öffentlichen Person. Eine
sicher nicht einfache Rolle für einen zurückgezogen lebenden Menschen im
hohen Alter, der durch diesen Film auf ganz besonders intensive Weise mit
seiner Vergangenheit konfrontiert wurde.

Durch die Mitarbeit wuchs ihm aber auch eine neue, wichtige Aufgabe als
Dialogpartner zu - vor allem als Dialogpartner der jungen Generation. Er hat sie
als „Pflicht eines Überlebenden“ (Pemper im BR-Interview) mit großem
persönlichem Engagement angenommen.

Er war der tiefen Überzeugung, dass die staatlich organisierte Erinnerungskultur
dringend der Ergänzung durch bürgerschaftliches Engagement bedarf, um das
kollektive Gedächtnis der jüngeren Geschichte über die Zeit der
Erlebnisgeneration hinaus zu sichern. Mieczysław Pemper hat diese
Überzeugung, dass eine Kultur der Erinnerung Voraussetzung für den Frieden sei,
in der Friedensstadt Augsburg mit Leben – mit seinem Leben – erfüllt.
Engagiert und geduldig hielt er Vorträge und hat sich den Fragen der Medien,
vor allem aber junger Menschen an Schulen und Hochschulen gestellt.
Ich denke hier beispielsweise an das großartige Projekt der Schüler
des Paul-Klee-
Gymnasiums in Gersthofen, die unter Anleitung ihres Geschichtslehrers
Dr. Bernhard Lehmann und in engem Kontakt mit Mieczysław Pemper
Internetseiten zu seinem Leben und den historischen Ereignissen
zusammengestellt haben.

Meine Damen und Herren,
Mieczysław Pemper war bereits 87 Jahre alt, als er vor vier Jahren die höchste
Auszeichnung erhielt, die die Stadt Augsburg zu vergeben hat – die
Ehrenbürgerwürde, „in Würdigung seines vom Geist der Versöhnung und des
Friedens geprägten Lebenswerkes“, wie es im Stadtratsbeschluss heißt. Damit
habe er sich, so unser Stadtparlament, „um die Friedensstadt Augsburg in
besonderer Weise verdient gemacht“.
Damit zählt Mieczysław Pemper zum Kreis der drei Augsburger Ehrenbürger, von
denen jeder auf seine ganz persönliche und besondere Weise mit der
furchtbaren Geschichte unseres Landes und unserer Stadt während der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verflochten war. Neben Mieczysław
Pemper gehören dazu Anna Pröll, die mutige Widerstandskämpferin, und der im
vergangenen Jahr verstorbene große Publizist Prof. Ernst Cramer, dem die
Flucht vor den Nazis in die USA gelang.
Mieczysław Pemper war ein Mann des Dialogs. Klage oder gar Anklage waren ihm
fremd. Es ging ihm vielmehr darum, dass das, „was damals geschehen ist, um
der Zukunft willen nicht vergessen werden darf“, wie er immer wieder sagte. Er
selbst sah es in seinen letzten beiden Lebensjahrzehnten als seine Aufgabe an,
dazu seinen ganz persönlichen Beitrag zu leisten. Wir können nur erahnen,
welche schwierige Aufgabe er sich selbst durch die Konfrontation mit der
furchtbaren Vergangenheit zugemutet hat.

Mieczysław Pempers Stimme im Dialog der Generationen ist nun verstummt. Die
Bürgerinnen und Bürger Augsburgs werden ihm ein ehrendes Andenken
bewahren. In Dankbarkeit erinnern wir an sein Wirken in unserer Stadt und
folgen Albert Schweitzer, der einmal gesagt hat: „Das schönste Denkmal, das
ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen.“


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