Kapitel 27 - Prozess und Hinrichtung

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Bilder vom Göth-Prozess
Bilder vom Göth-Prozess

Inhaltsverzeichnis

Im Kriegseinsatz bei München

Gegen Ende des Krieges kommt Göth doch noch zum Dienst mit der Waffe für „Führer und Vaterland“. Göth lungert zwei oder drei Tage bei der Flak in Freimann herum. Der Regimentsarzt stellt ihm aber sogleich eine Einweisung ins Lazarett in Bad Tölz aus, gerade noch rechtzeitig, denn am 30. April besetzt die 7. US-Armee München kampflos.

Lazarett, BA Koblenz
Lazarett, BA Koblenz

Verhaftung durch den Counter Intelligence Corps

Am 4. Mai wird Göth in einem Sanatorium durch Beamte des Counter Intelligence Corps (CIC) festgenommen. Arrest wird über ihn verfügt. Göth, der sich als Farmer ausgegeben hat, kann die Verdachtsmomente gegen ihn nicht zerstreuen. Als Haftgrund wird „SS-DachauWar Crimes“ in seinem Arrest Report vermerkt. Special Agent O.J. Paquett Jr. hat also noch keine Ahnung, welch dicker Fisch im Netz zappelt.

Beamter des CIC (Counter Intelligence Corps)
Beamter des CIC (Counter Intelligence Corps)

Ehescheidung rechtsgültig

Am 17. Dezember 1945 schreibt Göth an Ruth Kalder, die mittlerweile eine Tochter entbunden hat, einen Brief, in dem er sie um Unterstützung bittet. Zwei Tage später, am 19.Dezember ist seine Ehe mit Anna endgültig Vergangenheit. Das Wiener Landesgericht für Zivilsachen entspricht dem Scheidungsbegehren der Antragstellerin vollinhaltlich und Amon Leopold Göth wird verurteilt, der Klägerin die Prozesskosten von 436,75 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Brief an Ruth Kalder

Am 16. Januar schreibt Göth einen letzten Brief an seine Lebensgefährtin Ruth Kalder: „Liebste Ruth, Brief und Paket dankend erhalten. Du Arme hast soviel durchmachen müssen, einmal mit Monika und nun mit deiner Krankheit. ...... Essen ist hier so, dass ich noch knapp 70 Kilo wiege. Das genügt. ..... Es wird schon wieder alles in Ordnung kommen. Mach dir keine Sorgen. Du musst auch noch bei der Commerzbank Geld haben und in München-Stadelheim. Erkundige Dich mal. ..... Viele Bussis an dich und Monika und grüße herzlichst die Omi. Euer Mony”.[1] Adresse: Amon Göth, Internment-Camp 78, 14 Kornwestheim, Germany

Ruth Irene Kalder, Göths Lebensgefährtin
Ruth Irene Kalder, Göths Lebensgefährtin

Amon Göth wird enttarnt

Bisher sitzt Göth in Dachau im War Crimes Central Suspects and Witness Enclosure für Verbrechen ein, mit denen er tatsächlich nichts zu tun hat. Im Januar 1946 beantragt er eine Überprüfung der Haftgründe. Er verweist darauf, dass er nie in Dachau gewesen wäre, und gesteht zum ersten Mal, dass er in Teschen und Kattowitz bis Anfang 1944 im Stab von General Krüger tätig gewesen sei. Daraufhin beginnt sich die Judge Advocate Section für Kriegsverbrechen im HQ der 7. US-Armee ernsthaft mit seiner Laufbahn zu beschäftigen. Vom Investigation Officer Captain Hugo A. Romano verhört, kann er nicht mehr leugnen, KZ-Kommandant in Plaszowgewesen zu sein.

Ein SS-Magazin übt Kritik an Göth
Ein SS-Magazin übt Kritik an Göth

Lügen über Lügen

Die Verpflegung im Lager sei gut gewesen, pro Kopf und Woche habe es 6 Kilo Erdäpfel, 25 Kilo Gemüse, 300 Gramm Fleisch und 120 Gramm Fett gegeben, Eier und Käse täglich, gibt Amon Leopold Göth zu Protokoll. Im Lager habe es nur wenige Exekutionen gegeben, die von Gestapo-Beamten durchgeführt worden seien. Er sei darüber nicht informiert worden. Die Gestapo habe auch Leichen ins Lager gebracht, um diese dort zu verbrennen.

Zeugen melden sich

Die US Offiziere setzten Göths Namen auf die Liste der in Dachau angeklagten SS-Angehörigen, die in deutschen Zeitungen im Frühjahr mit der Bitte um Hinweise auf begangene Grausamkeiten publiziert wird. Allein aus einem Displaced persons Center 7 in Deggendorf melden sich 20 Zeugen, die alle gegen Göth aussagen wollen. Henry Slamowich aus Dzialoszyce erinnert sich: „Wir traten alle ein – und da war Göth. Er war ein großer Mann und seine Uniform war viel zu klein... Es überkam uns ein Schaue bei dem Gedanken, mit diesem Mann im selben Raum zu sein“.[2]

Göth auf dem Weg zum Gericht
Göth auf dem Weg zum Gericht

Überstellung an die polnischen Behörden

Die Verhöre in Dachau dauern den April und Mai 1946 über an, aber es steht schon bald fest, dass Göth an die polnischen Behörden ausgeliefert wird. Am 28. Juni 1946 wird Göth gemeinsam mit Rudolf Höß, dem Kommandanten des KZ Auschwitz, den polnischen Behörden überstellt. Das gesamte Material der Zeugenaussagen vor den Investigation Examiners wird für den Prozess gegen Göth zur Verfügung gestellt. Eine aufgebrachte Menschenmenge empfängt den verhassten „König von Plaszow“, nur mit Mühe können die Sicherheitskräfte Göth vor der Lynchjustiz bewahren.

Prozess gegen Amon Göth

Ausführliches Dokument zum Prozess gegen Amon Göth: Am 27. August 1946 beginnt der Prozess gegen Göth. Zahlreiche Reporter sind erschienen, Universitätsprofessoren, Rechtsanwälte, die Mehrzahl aber sind Juden, die den Holocaust überlebt haben. Göths zynischer Kommentar: „Man hat uns doch gesagt, dass kein Schwanz von denen überleben wird!“

Den Vorsitz des Obersten Volksgerichts führt Dr. Alfred Eimer, ihm zur Seite stehen Dr. Jozef Zebaty und Dr. Feliks Jarosz; allesamt erfahrene Männer, die für ein faires Verfahren sorgen sollen. Gerade einem Mann gegenüber, der die Menschenwürde mit Füßen getreten hat, wolle man demonstrieren, so der vorsitzende Richter, dass man von den Prinzipien des polnischen Rechtsstaates und der allgemeinen Menschenrechte nicht abrücken will.

Göth vor dem Gericht
Göth vor dem Gericht
Monika Hertwig, Tochter von Amon Göth erzählt
The United Nations War Crimes Commission on Amon Göth

Die Anklage gegen Amon Göth

Die Staatsanwaltschaft hat fünf konkrete Anklagepunkte formuliert:

  1. Göth wird beschuldigt, als Kommandant des Zwangsarbeiterlagers Plaszow den Tod von etwa 8000 Menschen verursacht zu haben und dabei immer wieder eigenhändig getötet zu haben
  2. Göth soll während der im Auftrag von SS-Obersturmbannführer Willi Haase durchgeführten „Liquidierung“ des Krakauer Ghettos den Tod von etwa 2000 Menschen verschuldet haben.
  3. Göth soll während der „Liquidierung“ des Ghettos in Tarnow die Deportation von 8000 Menschen angeordnet und während dieser Aktion eine unbestimmte Anzahl von ihnen ermordet haben.
  4. Bei der schrittweisen Auflösung des Lagers in Szebnie zwischen September 1943 und Februar 1944 soll Göth den Befehl zur Ermordung zahlreicher Lagerinsassen bzw. zur Deportation von Häftlingen in andere Lager gegeben haben
  5. Göth soll sich Wertsachen der im Lager inhaftierten Juden angeeignet haben: Gold und Geld, aber auch Kleidung, Möbel und andere bewegliche Habe. Der Wert dieser Schätze soll mehrere Millionen Zloty betragen.
Mitarbeiterverzeichnis
Mitarbeiterverzeichnis

Zielsetzung des Gerichts

Dem Gericht liegen Dokumente und Beweise der „Hauptkommission zur Untersuchung von Hitlerverbrechen in Polen“ vor, zudem Material, das von der „Historischen Jüdischen Kommission“ zusammengetragen worden ist. Staatsanwalt Tadeusz Cyprian erläuterte die Zielsetzung des Gerichtshofes und des Prozesses:

Wir wollen der Welt zeigen, wohin das totalitäre Regime Hitlers geführt hat – es machte aus normalen Bürgern KZ-Kommandanten und Schinderknechte, es schuf Schulen für Folter und für Henker, es lehrte den Menschen Bestialität und da Misshandeln des Nächsten. Die grauenvollen Dinge, die im Namen dieses Regimes passierten, übersteigen jede Vorstellungskraft: Kinder, die ihren Müttern unter den Händen ermordet wurden, indem man sie lebendig ins Feuer warf, Menschen, die von Hunden zerrissen wurden, Menschen, die schlimmer behandelt wurden als das Vieh von seinem Schlächter, zu Tausenden ohne Grund ermordet und zu Tode gehungert – das ist die Geschichte der Hitlerherrschaft. Vor diesem Hintergrund ist es unsere Aufgabe als Ankläger, nicht nur so viele Beweise zu präsentieren, die notwendig sind, um die Schuld des Angeklagten zu zeigen, sonder wir sollten die ganze Wahrheit aufdecken, die vollständige Wahrheit ... Es sollte die Frage beleuchtet werden, in welchem Ausmaß sich das ganze deutsche Volk für die furchtbaren Verbrechen, die von den Männern an seiner Spitze begangen worden sind, vor der Menschheit verantworten muss.“[3]

Amon Göth lädt Zeugen

Göth hat zwei Verteidiger, die zum Auftakt um Befreiung von ihrer Aufgabe bitten, sie würden sich als Polen außer Stande sehen, einen verhassten Deutschen zu verteidigen. Göth bat um eine Reihe von Entlastungszeugen: Dr. Leon Gross und Dr Bieberstein, Dr. Michael Weichert, der Leiter der „Jüdischen Unterstützungsstelle“, SS-Obersturmbannführer Willy Haase und die Brüder Hermann und Leopold Rosner, seinen Schreiber Pemper und seinen „Freund“ Oskar Schindler.

Mietek Pemper beim Prozess gegen Göth 1946
Mietek Pemper beim Prozess gegen Göth 1946

Amon Göth leugnet alles

Bild:Begnadigungsgesuch Amon Göth.jpg
Begnadigungsgesuch Amon Göth

Göth bekennt sich nicht schuldig. Zu den einzelnen Anklagepunkten führt er aus: Es stimme nicht, dass in Plaszow Tausende Menschen umgekommen seien. Es sei auch nicht wahr, dass im Lager Häftlinge gequält oder durch Hunde zerrissen worden seien. Er glaube, dass sich kein einziger Zeuge finden werde, der behaupten könne, dass ein Häftling zu Tode gequält oder von Hunden getötet worden sei. In Plaszow habe es keine Tötungen ohne Grund gegeben. Und Chilowicz habe er auf Befehl Koppes erschießen müssen, den er schon zuvor über die Absichten des Lagerältesten informiert habe. Bereicherung durch Eigentum jüdischer Häftlinge könne ihm nicht nachgewiesen werden, er habe alles regulär gekauft, die Rechnungen seien von SS-Gerichten anerkannt worden. Betrügereien bei der Versorgung der Häftlinge habe es nicht gegeben.

KZ Plaszów
KZ Plaszów

Augenzeugenberichte

Göth rechnet nicht damit, dass trotz dichter Postenketten Erschießungen beobachtet worden sind. Er rechnet vor allem nicht damit, dass diese Zeugen überlebt haben. Ein Zeuge nach dem anderen macht seine Aussage, erzählt von Morden und Gewalttaten, von Folter und Terror. Göth demonstriert sein Desinteressen, indem er seine Fingernägel poliert, er weist jegliche Verantwortung für das Geschehene von sich. Alles sei eine Sache der Krakauer und Berliner SS-Chefs gewesen, vor allem Julian Scherners Stabsführer Willy Haase habe sich als Judenmörder hervorgetan.

Urteilsverkündigung

Am 5. September erfolgt die Urteilsverkündigung: „Der österreichische Staatsbürger Amon Leopold Göth, geboren am 11. Dezember 1908 in Wien, geschieden, von Beruf Privatbeamter, römisch-katholisch, wird in allen fünf Anklagepunkten für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Alle öffentlichen Rechte sowie alle bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm für immer aberkannt; sein gesamter Besitz konfisziert. Die Kosten des Verfahrens gehen zu Lasten des Staates.“[4]

In der noch einmal detailliert auf seine Verbrechen eingehenden Urteilsverkündigung heißt es abschließend:

Die Eliminierung eines Menschen vom Typ des Angeklagten aus dem gesellschaftlichen Leben muss daher vollständig und zur Gänze erfolgen, denn das erwartet sich die Menschheit nach den grauenvollen Jahren des Krieges.“[5]

Hinrichtung

Die Hinrichtung wird für den 13. September 1946 festgesetzt, aber der Termin wird nicht öffentlich bekannt gemacht. „Göths Hände sind auf den Rücken gebunden, als er knapp vor 18 Uhr im Montelupich-Gefängnis zum Galgen geführt wird. Anwesend sind neben den Henkern fünf Personen: Staatsanwalt Jan Brandys, der Gefängnisdirektor Tadeusz Urbanek, der Arzt der Haftanstalt Dr. Eryk Dormicki, der Gefängniskaplan Pfarrer Gerard Domagala und der Protokollant Henryk Slizowski, Leier des Sekretariats der Krakauer Staatsanwaltschaft. Nachdem Göth das Podest unter der Schlinge bestiegen hat, ergreift Jan Brandys das Wort und verliest in knappen Worten die Entscheidung über das Gnadengesuch des Deliquenten: Der Präsident des Nationalen Volksrates hat von seinem Recht auf Begnadigung keinen Gebrauch gemacht, das Todesurteil ist zu vollstrecken.' Dann gibt es ein Problem: Die Henker haben ein zu langes Seil vorbereitet; die Schlinge muss noch einmal über den Kopf gestreift und der Strick verkürzt werden. Mony bewahrt Ruhe, auch, als noch ein zweites Mal verkürzt werden muss –die Henker haben offenbar seine Körpergröße unterschätzt. Erst im dritten Anlauf passt die Länge des Seils. Bevor einer der Henker zum Hebel greift und den Fallmechanismus auslöst, hat Mony nur noch Zeit für zwei Wörter, zwei Wörter, mit denen er gelebt hat und mit denen er auch sterben will: „Heil Hitler![6]


Der Mörder aus Wien erhält keine Grabstätte. Der Leichnam Amon Leopold Göths wird verbrannt, die Asche in die Weichsel gestreut.

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach J.Sachslehner, a.a.O., S. 364
  2. zitiert nach J. Sachslehner, a.a.O., S.371
  3. zitiert nach J.Sachslehner, a.a.O., S. 374f
  4. zitiert nach J. Sachslehner, a.a.O., S. 380
  5. ebenda, S. 380
  6. J. Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien, Wien-Graz-Klagenfurt 2008, S. 381
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