Kapitel 19 - Die Liquidierung von Julag I

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In seinem „Tatsachenbericht“ Brücke zur Freiheit, dokumentiert Franz-Joseph Müller die von Göth geplante Liquidierung von Julag I-III.

Der damalige Lagerleiter Müller erhält den Befehl von Göth alle Juden im Lager umzulegen. Die Gegenwehr von Müller und der Versuch von Müller, Göth zu erschießen, schlagen fehl. Müller wird verhaftet, erhält Hausarrest.[1]

Drei Tage umstellt Göths ukrainisches Wachbataillon das Julag I; am folgenden Tag werden alle Häftlinge zum Appell bestellt. Es wird ihnen die Lagerauflösung und der Umzug ins Lager Plaszowmitgeteilt. Nach 10 Minuten des Zusammenraffens ihrer Habseligkeiten laufen sie in Richtung KZ Plaszow los.SS-Männer und Ukrainer erschlagen, erschießen und verletzen Häftlinge durch Schüsse. Müller und seine Frau Rosa sehen hilflos zu, wie „ihre“ jüdischen Hausangestellten weggeführt werden.


Inhaltsverzeichnis

Auflösung weiterer Lager

Arbeitende Juden in Plaszow
Arbeitende Juden in Plaszow

Am selben Tag werden auch die Lager Krakau-Prokocim und Biezanow aufgelöst. Göth lässt seinen Männern überall freie Hand und überall fordern Brutalität und Willkür Opfer.

Die in Plaszowankommenden 3000 Häftlinge werden in der „Quarantänebaracke“ zusammengetrieben, sie bekommen vorerst nichts zu essen und dürfen nicht einmal die Latrinen aufsuchen, die Baracke ist von Ukrainern umstellt. Am nächsten Tag erhalten sie etwas zu essen und müssen völlig sinnlose Arbeit verrichten: Sie tragen Steine, Bretter, Barackenteilevon einer Ecke des Lagers zur anderen, angetrieben von OD-Leuten. Dann findet nach einigen Tagen die erwartete Selektion statt.

Die Selektion

Jüdische Häftlinge bei Zwangsarbeit in Plaszow
Jüdische Häftlinge bei Zwangsarbeit in Plaszow

Etwa 100 von ihnen bleiben in Plaszow, alle anderen ausselektierten Häftlinge werden auf dem Weg zu den Viehwaggons teils geschlagen, teils erschossen. Zu den Weiterreisenden zählt auch Josef Liebermann welcher sich freiwillig zum „Weitertransport“ entschieden hat. Göth spielt Schicksal und holt noch einige Personen aus dem Transport der zum Tode Verurteilten und hält sie für zu leistende Zwangsarbeit im Lager zurück.

Transport in ein anderes Lager

Eingang des Lagers Plaszow
Eingang des Lagers Plaszow
Brutale Verladung von Häftlingen in Krakau
Brutale Verladung von Häftlingen in Krakau

Frauen und Männer werden auf den Viehwaggons getrennt, die Türen werden mit Ketten verschlossen und schwere Schlösser daran gehängt, mit Maschinenpistolen bewaffnete SS-Männer nehmen ihren Platz auf den Waggons ein. Die Reise ins Ungewisse für Tausende von Menschen hat begonnen.

Einige denken an Flucht, da der Zug sehr langsam fährt. Es gibt nichts zu essen und zu trinken, ihre Notdurft müssen die Menschen an dem Platz verrichten, an dem sie stehen, manche erleiden Schwächeanfälle. Immer wieder sind Schüsse aus den automatischen Waffen der SS zu hören – die Fluchtversuche sind erfolglos.

Unter katastrophalen Umständen in den Waggons wie Hunger, Durst, Gestank und Schmutz sind kaum zu ertragen, es herrscht Angst und Hoffnungslosigkeit. Dann die Nachricht, die alle wieder aufrichtet, sie passieren Swietokrzyska, was bedeutet, dass man wohl in das Lager von Skarzysko-Kamienna unterwegs ist.

Erschießung nach einer geäußerten Bitte

Mietek Pemper an RA Albrecht wegen KZ-Insassen
Mietek Pemper an RA Albrecht wegen KZ-Insassen

Nicht nur Häftlinge aus dem Julag I werden an diesem 15. November nach Skarzysko-Kamienna transportiert, auch Facharbeiter aus Plaszow schickt Göth nach Norden. ..... ein SS-Mann taucht auf und erklärt den Häftlingen, dass ein Teil von ihnen in ein anderes Arbeitslager verlegt werde.Plötzlich kommt auch Göth in die Baracke. Mit lauter Stimme verkündet er, dass alle in der Baracke Anwesenden fahren müssten. Da tritt plötzlich ein Arbeiter namens Pinkas Scheinfeld vor und spricht Göth an. Er könne auf keinen Fall fahren, da auch seine Frau im Lager lebe und er sie nicht allein lassen wolle. Während Scheinfeld noch seine Bitte vorbringt, zieht Göth mit einer ruhigen Bewegung, so als wäre dies das Alltäglichste von der Welt, den Revolver aus dem Holster und feuert auf ihn ohne dabei auch nur ein Wort zu sagen. Scheinfeld bricht zusammen, gibt aber noch Lebenszeichen von sich. Da schießt Göth ein zweites Mal und trifft ihn diesmal in den Kopf. Den Toten in einer Blutlache zu seinen Füßen lässt Göth noch eine Drohung an dessen Arbeitskameraden folgen. Sollte noch jemand es wagen etwas zu sagen, so werde dieser genauso am Boden liegen wie jener.“[2]

6 weitere Gefangene, die sich versteckten, um nicht mit nach Skarzysko-Kamienna abtransportiert zu werden, werden von Wachen entdeckt und von Göth auf der Stelle erschossen.

Versuch der Vorwurfsentkräftung

RA Albrecht an Pemper wegen Personen im Julag Müller
RA Albrecht an Pemper wegen Personen im Julag Müller

Göth versucht im November 1943 die Vorwürfe, welche gegen ihn an die Kanzlei des Führers gemeldet wurden, zu entkräften und die Sache nach Krakau zu ziehen, in der Hoffnung, er könne dort Einfluss auf das gegen ihn laufende Verfahren zu nehmen.

Einzelnachweise

  1. Nach der Auflösung des Julag I in Krakau wird Müller wegen Befehlsverweigerung und „Auflehnung gegen den Vorgesetzten“, d.h. Amon Göth zu sechs Wochen Fronteinsatz bei der SS-Division „Galizien“ verurteilt. Im Raum Brody-Tarnopol gerät er am 5. März 1944 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. 1949 wird er von einem sowjetischen Gericht zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, kann aber im Oktober 1955 aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkehren. Am 9. Januar 1960 wird er verhaftet; am 24. April 1961 wegen „Mordes in 22 Fällen, Anstiftung zum Mord in 58 Fällen, Beihilfe zum Mord in 5 Fällen sowie wegen Totschlags in 5 Fällen“ zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Er stirbt am 18. Juni 1988. Quellen: Johannes Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien, Wien-Graz-Klagenfurt, 2008; S. 270-271 und http://www.deathcamps.org/occupation/plaszow_de.html
  2. Sachslehner, a.a.O., S. 270
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